
Der Mensch ist Gast in der Natur des Nationalparks
50 Jahre Nationalpark Bayerischer Wald
Der Mensch ist Gast in der Natur
Tourismus aus den Wurzeln des Nationalparks
Ulrike Eberl-Walter
Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Ein Wald mehr als viele Bäume, ein Waldgebirge mehr als aneinandergereihte Berge, ein Nationalpark mehr als viele kleine Schutzgebiete, das Grüne Dach Europas mehr als zwei nebeneinanderliegende nationale Schutzgebiete.

Ruckowitzschachten im Sommer
Die Sehnsucht nach Wald und Wildnis zieht die Menschen an. Wald steht seit eh und je für die Erholung für die Seele, Wildnis für Geheimnisvolles und Abenteuer. Die Natur eines Urwaldes dringt tief in die Gefühle und Empfindungen der Menschen vor. Welche Natur braucht der Mensch? Wirtschaftswald oder Urwald? Junge Menschen beschäftigen sich gerade viel mit dem Thema Natur. Doch es geht ihnen nicht nur um die allgemeine Bedeutung der Natur, sie hinterfragen, wie etwa Abgase, Plastik und Landverbrauch die Natur, den Lebensraum auf der Erde, beeinträchtigen. Sie sind sensibel geworden, stellen Naturerhalt vor Ertragsbewirtschaftung. In der Nationalparkregion Bayerischer Wald beschäftigt man sich seit über 50 Jahren mit der Frage, was es bedeutet der Natur den Vortritt zu lassen. „Natur Natur sein lassen“ sorgt für Diskussionen, polarisiert, die Meinungen gehen auseinander. Seit Jahrhunderten nutzen die Menschen den Wald als Rohstoffquelle für Bauholz, Brennholz, Möbelholz, Holzkunst. Die Bauern hegen, pflegen und nutzen ihren Wald, man geht zur Jagd. In einem Nationalpark stehen der Mensch und sein Eingreifen nicht mehr im Mittelpunkt. Bernhard Grzimek sagte 1970 zum Nationalpark „Der Mensch wird hier Gast in der Natur sein, nicht aber in erster Linie Gestalter, wie in der übrigen Landschaft.“
Wind und Käfer sind die Baumeister eines neuen Waldes

Naturjuwel für die Region

Schatztruhe Wald


Alles in Einem: Touristisches Highlight und Refugium für die Natur

Alle wollen in den Nationalpark

Steinmännchen am Falkenstein
In Anbetracht der Gästezahlen ist die Besucherlenkung ein großes Thema. Touristen mit Rucksack und Wanderstiefeln, mit dem Fahrrad, per Bus, auf Schneeschuhen und Langlaufskiern strömen in den Nationalpark. Sie wollen in die Informationszentren, zu den Erlebnisstationen, auf den Baumwipfelpfad und auf die Berggipfel. Sie sind auf den Wander- und Radwegen ebenso unterwegs wie im Winter auf Loipen und Schneeschuhrouten. Überregionale Wege, wie der 660 Kilometer lange Qualitätswanderweg Goldsteig und die 700 Kilometer lange Mountainbikeroute Trans Bayerwald durchqueren den Nationalpark.
Den Nationalparkrangern und Waldführern kommt eine wichtige Aufgabe zu. Sie vermitteln bei täglichen Führungen das Wissen um die Natur, sie sensibilisieren, wo die Natur gerade ein fragiles, zartes symbiotisches Geflecht errichtet oder wo Arten gerade erst wieder Fuß gefasst haben und intensiven Schutz benötigen. Die Führungen und Veranstaltungen des Nationalparks sind sehr beliebt und ein hervorragendes Angebot für Einheimische, Ausflügler und Urlaubsgäste. Hinzu kommen das Wegeleitsystem und die Infotafeln zu den verschiedensten Themen, die den Besuchern eine gute Orientierung geben. Sie erklären und veranschaulichen Zusammenhänge im Ökosystem.
Hier liegt das Fahrtziel Natur: Die Waldbahn und die Regionalbusse gewährleisten eine gute Anbindung an den ICE-Bahnhof Plattling. Der Bahnknotenpunkt in Zwiesel ist ein exzellent funktionierendes Mobilitätsscharnier. Dazu kommt das Igelbus-System im Nationalpark, das es seit nahezu 30 Jahren gibt. Mit Bahn und Bus ist man jederzeit umweltschonend mobil. Das Auto braucht man nicht. Ein besonderer Service für die Urlaubsgäste ist das Gäste-Umweltticket, kurz GUTI. Es ist Gästekarte und Fahrschein in einem. Das schätzen viele Gäste der Nationalparkregion.
Warum kommen die Menschen in den Bayerischen Wald?
Befragt man die Gäste des Bayerischen Waldes nach ihren Urlaubsmotiven, geben über die Hälfte „Erholungsurlaub“ an, ein Drittel macht Familienurlaub, dann folgen Wellness- und Wanderurlaub. Alle Gruppen wollen viel Zeit in der Natur verbringen. Fast alle wollen während ihres Aufenthalts den Nationalpark besuchen. Natur und Ursprünglichkeit, authentische Herzlichkeit und Abwechslung sind bedeutsam für eine erholsame Reisezeit. Der Tourismusverband Ostbayern e.V. bewirbt den Bayerischen Wald daher mit starkem Bezug zur Natur: Wandern, Mountainbiken, Familienurlaub, Erholungsurlaub mit mannigfaltigen Möglichkeiten, Land und Leute kennen zu lernen. Die Bayerwald-Expeditionen, einer Vernetzung zahlreicher Naturerlebnismöglichkeiten, fördert die Wertschätzung der Natur verbunden mit Leichtigkeit, Spielfreude und Abenteuerlust, während Wellnessurlaub eher etwas für diejenigen ist, die sich verwöhnen lassen wollen und lieber den Ausblick in die Natur genießen.

Lindbergschachten
Eine besondere Stellung haben in der Nationalparkregion die Nationalparkpartner. Sie identifizieren sich mit den Zielen des Nationalparks und bieten einen verlässlichen Qualitäts- und Umweltstandard. Sie sind die perfekten Gastgeber und touristischen Anbieter, wenn es um die Strahlkraft und Außenwirkung der Region geht. Auch der kommunale Zusammenschluss von 13 Gemeinden zur Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald verleiht der Region einen starken Auftritt. Verfolgt man den touristischen Verlauf im Bayerischen Wald, zeigt sich deutlich, dass die Tourismuswirtschaft, trotz aller Zwischentiefs, einen beständigen und soliden Weg nach oben genommen hat und die Wertschöpfung aus dem Tourismus deutlich gestiegen ist.
Der Nationalpark ist das Herzstück des Bayerischen Waldes. Zusammen mit dem Böhmerwald ist es ein Waldgebirge, das sich über alle Grenzen hinweg zu einem der schönsten und wertvollsten Naturräume Europas entwickelt hat, dem Grünen Dach Europas.
Bilder:
Hochschachten (c) Nationalpark Bayerischer Wald_Stefan Sempert
Urwaldreliktkäfer Peltis grossa ©Nationalpark Bayerischer Wald_Lukas Haselberger
Ruckowitzschachten im Sommer ©Ulrike Eberl-Walter
Lindbergschachten ©Ulrike Eberl-Walter
Steinmännchen am Weg ©Ulrike Eberl-Walter
Rehgeiss ©Nationalpark Bayerischer Wald
Kiebitz ©Nationalpark Bayerischer Wald_Rainer_Simonis
Umweltbildung mit Rangerin Kristin Biebl ©bayern.by_Jan Greune